Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

denke ich an Russland, dann denke ich an die Werke von Tschaikowski, an den großen Nationaldichter Puschkin und an den Kosmonauten Juri Gagarin; ich denke an die weißen Nächte von St. Petersburg, die pulsierende Metropole Moskau und an die Weite dieses außergewöhnlichen und starken Landes. Ich denke an Ballett, Schach und Eishockey, an die einzigartige und weltberühmte Gastfreundschaft dieses Volkes.

Die russische und die deutsche Geschichte sind seit Jahrhunderten eng miteinander verwoben. Wir wissen um die großen Errungenschaften, aber auch um das unendliche Leid und Blutvergießen. Im vergangenen Jahr haben wir an den 80. Jahrestag des deutschen Überfalls erinnert, den Beginn des Vernichtungs- und Ausbeutungskrieges gegen die Völker der Sowjetunion. Wir Deutschen sind dankbar für die Befreiung vom Nationalsozialismus, und wir wissen, wer dafür einen besonders hohen Blutzoll bezahlt hat. Umso größer ist das Wunder der Versöhnung zwischen unseren Nationen.

Gerade angesichts dieser gemeinsamen Geschichte ist es umso unfassbarer, dass Präsident Wladimir Putin im Herzen Europas einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat, wie ihn unser Kontinent seit 1945 nicht mehr erlebt hat. Um das klar zu sagen: Die Verantwortung für diesen völkerrechtswidrigen Krieg, für das Leid und den Tod auf beiden Seiten trägt nicht das russische Volk. Diese Verantwortung trägt einzig und allein Wladimir Putin. Trotzdem sind sowohl Deutsche aus Russland als auch russische Staatsbürger, die in Deutschland leben, zurzeit ungerechtfertigten Anfeindungen ausgesetzt.

Der Krieg ist verheerend für die Ukraine und für Russland, für Europa und die ganze Welt. Als Christlich Demokratische Union stellen wir uns der Verantwortung, alles in unserer Macht
Stehende zu unternehmen, um diesen Krieg zu stoppen. Dazu gehört für uns auch, politische Entscheidungen zu treffen, die für alle Beteiligten schmerzhaft sein können.
Unser Feind ist weder das russische Volk, noch sind es die Menschen, die sich ihm nahe und verbunden fühlen. Ich weiß: Auch Ihnen liegen Verständigung, Frieden und Versöhnung am
Herzen. Und ich weiß, dass die aktuelle Situation auch für Sie schwierig ist.

Es geht nicht zuletzt darum, wie wir in Deutschland zusammenleben. Dieses Zusammenleben kann nur auf dem Boden von Demokratie, Freiheit und Respekt funktionieren. Genau das sind
die Werte, die Putin mit seinem Krieg angreift. Deshalb müssen wir in Deutschland zusammenstehen – im Interesse unserer Werte, im Interesse unserer Sicherheit, im Interesse
unseres Zusammenlebens.

Ich werde alles dafür tun, dass wir den großen Schatz der Versöhnung bewahren und uns als
Menschen verbunden bleiben.

Herzliche Grüße

Ihr Friedrich Merz