Sehr geehrter Herr Bürgermeister Stephan Muckel,
meine sehr geehrten Damen und Herren aus Verwaltung, Bürgerschaft, Rat und Presse,

Die anhaltende Corona-Pandemie zwingt uns erneut zu besonderen Maßnahmen. Der am 02. November 2020 begonnene Lockdown begleitete uns bis in den Mai dieses Jahres, eine sechsmonatige Ausnahmesituation die wir so noch nie erlebt haben. Umso mehr möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt, für ihren unermüdlichen Einsatz, bedanken. Es war eine schwierige Erfahrung für uns Alle und eine Besserung scheint aktuell leider noch nicht in Sicht.

Liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
auch unser städtischer Haushalt wird erneut von der Pandemie beeinflusst, überhaupt wirkt der vorliegende Entwurf auf den ersten Blick nicht gerade positiv:

  • Für das Jahresergebnis 2022 wird ein Minus von 5,8 Mio. Euro erwartet.
  • Die Ausgleichsrücklage schrumpft.
  • Der Schuldenstand stagniert auf 7,21 Mio. Euro.
  • Mittelfristig ist wahrscheinlich keine weitere Entschuldung möglich.
  • Und die Personalkosten steigen auf 30 % des gesamten Haushalts.

Natürlich, sind das Zahlen, die uns aufhorchen lassen und die weitere Vorgehensweise beeinflussen werden. Betrachtet man die Entwicklung aber rein objektiv und vor Allem im direkten Vergleich zu anderen Kommunen, stehen wir insgesamt viel besser da, als es zunächst erscheint.

Dank unseren vorsichtigen und nachhaltigen Haushaltsplanungen der vergangenen Jahre können wir die anstehenden Herausforderungen auf allerhöchstem Niveau bewältigen. Mit mehr als 29 Mio. Euro Ausgleichsrücklage und 19 Mio. Euro Liquidität stehen wir in der Krise weiterhin hervorragend da. Aus diesem Grund ist eine Streichung freiwilliger Leistungen oder Steueranhebungen trotz Corona-Pandemie noch nicht notwendig. Im Gegenteil, wir sind sogar in der Lage eine Rekordsumme von 34 Mio. Euro in perspektivisch wichtige Projekte zu investieren – ein Umstand auf den wir stolz sein können!

Das erste Jahr der neuen Wahlperiode haben wir daher vor Allem genutzt um wichtige Grundlagen für die nächsten Jahrzehnte zu schaffen. In die Schwerpunktbereiche des Haushaltes wird viel Bewegung kommen.

LandFolge Garzweiler meistern

Im April 2021 wurde uns die vierte Leitentscheidung der Landesregierung präsentiert und damit schon die zweite Kurskorrektur innerhalb von nur 5 Jahren. Als wir in einer Sondersitzung des Stadtrates über die Ergebnisse diskutierten, war bereits klar, dass sich die Rahmenbedingungen nach der Bundestagswahl erneut ändern werden.

Die zukünftige Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Ausstieg aus der Kohleverstromung „idealerweise“ auf das Jahr 2030 vorzuziehen. So steht es im neuen Koalitionsvertrag und so hatte es auch die NRW-Leitentscheidung als Option vorgesehen. Völlig unverständlich ist mir daher, dass diese weitere Absichtserklärung bereits tränenreiche Jubelarien ausgelöst hat – denn am Status Quo hat sich für uns noch nichts geändert! Gerade in Erkelenz wissen wir doch seit Jahrzehnten wie zäh und schwierig ein solcher Prozess sein kann.
Gut ist alleine der vorgezogene Revisionstermin in 2022, das schafft Klarheit und Planungssicherheit für alle betroffenen Menschen. Ein Punkt, den wir in der Leitentscheidung gefordert hatten. Allerdings müssen wir zunächst das Ergebnis dieser Prüfung abwarten.
Nur wenn der steigende Strombedarf nach 2030 auch ohne Braunkohle verlässlich gedeckt werden kann und bis dahin der geplante Strukturwandel gelingt, kann die Fläche der fünf Dörfer erhalten bleiben. Umgesetzt werden könnte dies z.B. im Rahmen einer Fortschreibung der vorliegenden Leitentscheidung – das wäre dann die dritte in 6 Jahren!

Aktuell bleibt für uns nach wie vor ein großes Fragezeichen, ob dieses mehr als ambitionierte Ziel tatsächlich umgesetzt werden kann. Wir erwarten von Bund und Land, dass aus der Erklärung verbindliche Gesetze werden, die zugesagte Strukturförderung bei den betroffenen Kommunen tatsächlich ankommt und alle Menschen, die sich entschiedenen haben umzusiedeln, auch weiterhin von ihrem Umsiedler-Status Gebrauch machen können.

Erkelenz als Wissenschafts- und Forschungsstandort etablieren

Einen großen Schritt zur Ansiedlung einer Wissenschafts- und Forschungseinrichtung in Erkelenz haben wir im Februar 2021 vollzogen. Das vorbereitende Konzeptpapier der Prognos AG wurde im Rat als Leitlinie beschlossen. Zudem hat die Stadt die Campus Transfer Management GmbH als Gesellschafter mitgegründet, das künftige „Leuchtturmprojekt“ heißt in diesem Zusammenhang „Campus Transfer – Kompetenzzentrum der Land- und Ernährungswirtschaft“, was im alt-industriell geprägten Gewerbegebiet Erkelenz-OST errichtet werden soll. Die Chance ist da, Erkelenz in Zukunft als Wissenschafts- und Forschungsstandort zu etablieren. Dies würde eine Attraktivitätssteigerung für junge und gut ausgebildete Menschen schaffen.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit voranbringen

Im wichtigen Segment des Klimaschutzes ist auch in diesem Jahr wieder viel passiert. Die Bilanz der letzten fünf Jahre zeigt, dass die CO2-Emissionen in Erkelenz gesunken sind und erneuerbare Energien zugebaut wurden. Da kommunale Einrichtungen aber deutlich mehr Energieverbräuche und Emissionen eingespart haben als die Gesamtstadt, liegen wir damit leider noch hinter den im Klimaschutzkonzept 2015 definierten Zielen zurück.
Wenn wir bis spätestens 2050 klimaneutral werden wollen, müssen wir mehr Menschen auf dem Weg mitnehmen. Unser Zielpfad zur Reduzierung der CO2-Emissionen wurde daher angepasst und ein neues Leitbild der Stadt für mehr Klimaschutz entworfen. Mit der Einstellung eines neuen Nachhaltigkeitsmanagers oder -managerin sind wir dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt, zudem eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie auf den Weg zu bringen.

Besonders freuen wir uns auf die Umsetzung des Radvorrangroutenkonzeptes im Stadtgebiet, hierfür stehen vorerst 150.000 Euro bereit. Auch die Einführung eines Förderprogramms für Klimaschutz und Klimaanpassung in Erkelenz wurde viel diskutiert. Im nächsten Jahr starten wir mit dem besonderen Anreizsystem für alle Bürgerinnen und Bürger – bis 2024 sind hierfür 200.000 Euro eingeplant.

Erkelenz 2030 umsetzen

Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger für die Umgestaltung unseres „Wohnzimmers“ Marktplatz war dagegen überwältigend. Eine so umfangreiche Einbindung hat es in Erkelenz noch nie gegeben. Umso mehr freuen wir uns, dass es bei der Vielzahl der Anregungen möglich war, einen breit getragenen Kompromiss zu finden. Wir hoffen nun auf eine baldige Förderzusage, dass wir dieses Projekt im nächsten Jahr auf den Weg bringen können.

Der parallele Neubau einer Mobilitätsstation an der Ostpromenade wird uns in den nächsten Jahren ca. 3 bis 6 Mio. Euro kosten. Eine enorme Summe, die an dieser Stelle aber gut investiert ist. Mit der Reduzierung des Parksuchverkehrs entlasten wir nicht nur unsere historische Innenstadt, sondern können auch ein zukunftsfähiges Verkehrskonzept auf den Weg bringen. Davon werden mittel- und langfristig alle Bürgerinnen und Bürger, sowie die lokalen Unternehmen profitieren. Wir wollen eine Innenstadt, die mit allen Verkehrsmitteln gut erreichbar ist. Deshalb soll neben neuen Autostellplätzen auch erstmals ein Fahrradparkhaus, sowie eine neue Bushaltestelle für den ERKA-Bus an einem Standort entstehen.

Nach vielen Monaten der Planung startet im nächsten Jahr endlich das erste große InHK-Projekt. Mit der Umgestaltung des Franziskanerplatzes wird ein neuer, familienfreundlicher Treffpunkt entstehen, der erstmals eine angemessene Anbindung zu unserer Stadthalle schafft. Zudem stärkt die Umgestaltung des Grünrings an der Westpromenade die Aufenthaltsqualität im Herzen der Stadt – im Haushalt sind insg. mehr als 6 Mio. Euro eingeplant.

Die anstehenden Baumaßnahmen schaffen zwar viele neue Chancen für unsere Stadt, sind aber während der monatelangen Umsetzung auch eine große Belastung für Unternehmen, sowie Anwohnerinnen und Anwohner. Daher ist für uns ein regelmäßiger Dialog und vor Allem ein transparenter Fahrplan der anstehenden Arbeiten besonders wichtig. Diese Aufgabe soll in Zukunft das sog. „Citymanagement“ als Ergänzung zum Stadtmarketing übernehmen.

Perspektiven für Erkelenz schaffen

Neben den Investitionen in die Innenstadt, brauchen natürlich auch unsere Ortschaften Perspektiven. Im Rahmen des Dorfinnenentwicklungskonzept (DIEK) soll z.B. der Dorfpark Holzweiler umgestaltet und revitalisiert werden, zudem wird die „Alte Schule“ bereits seit diesem Jahr in ein Dorfzentrum umgebaut – Das Gesamtinvestitionsvolumen beträgt hier alleine 2,2 Mio. Euro. Oder z.B. die Mehrzweckhalle in Kückhoven, sie ist nicht nur die meist genutzte Halle im Stadtgebiet, sondern auch in einem sehr schlechten Zustand. Mit einem Investitionsvolumen von 3,2 Mio. Euro soll sie daher bis 2024 an anderer Stelle neu errichten werden. Und auch in Schwanenberg ist 2022 eine neue Multifunktionsfläche im Eingangsbereich der Sportanlage geplant, die Kosten liegen bei 255.000 Euro.

Das ist nur ein kleiner Auszug der vielseitigen Maßnahmen, die im gesamten Stadtgebiet bereits begonnen haben oder in den nächsten Jahren anstehen. Unsere Botschaft ist klar, wir behalten immer das Gesamtbild im Fokus und versuchen die Investitionen möglichst gleichmäßig zu verteilen, dabei setzen wir auf eine immer umfangreichere Bürgerbeteiligung. Als neue Anlaufstelle soll ab 2022 eine digitale Bürgerinformationsplattform alle Fragen koordinieren, eine Übersicht der zuständigen Kontaktpersonen vermitteln und über den digitalen „Mängelmelder“ auch kurzfristige Anregungen aufnehmen. Für das Projekt stehen 20.000 Euro im Haushalt bereit.

Hohe Leistungsstandards bei geringen Abgaben beibehalten

Unser höchstes Ziel bleibt die Beibehaltung und Erarbeitung eines möglichst hohen Leistungsstandards für die Erkelenzer Bevölkerung in allen Handlungsfeldern der Kommunalverwaltung. Sinnvolle Investitionen in zukunftsfähige Projekte, bei einer möglichst geringen Abgabenbelastung sind der richtige Weg, der sich bewährt hat. Diesem Grundsatz bleiben wir auch im kommenden Haushalt treu. Dem hohen Leistungsstandard werden wir mit hohen Investitionen z.B. in unsere Kindergärten und Schulen gerecht. Hier stehen mit den Kindergarten-Neubauten im Oerather Mühlenfeld und Kückhoven gleich zwei Großprojekte an. Aber auch die Aufstockung der Nysterbach Grundschule in Lövenich, die neue Halle für Turn- und Gymnastikunterricht am Cusanus Gymnasium, sowie die Mehrzweckhalle in Keyenberg (neu) sind wichtige Maßnahmen der nächsten Jahre.
Dabei wollen wir nicht nur reine Pflichtaufgaben abarbeiten, sondern stemmen schon heute viele freiwillige Leistungen, um unseren Kindern die Grundlagen für eine lebenswerte Zukunft zu schaffen. Hierzu zählt zum Beispiel eine verstärkte Digitalisierung, insbesondere im Schulbereich. Mit der Einrichtung eines neuen WLAN-Netzes in allen städtischen Schulen und Kindergärten sind wir Vorreiter im Kreis Heinsberg.

Im Freizeitbereich haben wir den Bau einer neuen Skatanlage, sowie erstmals eine Pumptrack-Bahn auf den Weg gebracht. 25.000 Euro stehen für eine zunächst mobile Pumptrack und 50.000 Euro für die Planungen des neuen Skateparks im Haushalt bereit. Jetzt geht es darum einen neuen Standort zu finden und ihn möglichst attraktiv auszustatten.

Geringe Abgaben werden nicht nur mit dauerhaft niedrigen Steuern und Gebühren erreicht, im Corona-Lockdown haben wir z.B. 50 % der Kita Beiträge von März bis Mai 2021 erstattet, obwohl wir keine Einsparungen beim Aufwand vornehmen konnten.

Bezahlbares Wohnen im Stadtgebiet fördern

Wie geplant, haben wir uns in diesem Jahr auch dem Thema bezahlbares Wohnen angenommen und die Möglichkeiten der Einflussnahme auf kommunaler Ebene diskutiert. Im Ergebnis wurde der GEE-Gesellschafterversammlung empfohlen, zukünftig öffentlich geförderten Wohnungsbau in eigener Verantwortung durchzuführen. Daneben sollen die Kooperation mit bestehenden Wohnungsunternehmen fortgeführt und intensiviert werden.

Gemeinsamen Umgang miteinander lernen

Werfen wir an dieser Stelle nochmal einen kurzen Blick auf das neue Gewerbeflächenkonzept der Stadt, vor Allem auf den Prozess bis zu seiner Verabschiedung im September. An diesem Beispiel zeigte sich leider sehr deutlich, dass nicht alle Ratsfraktionen an einer nachhaltigen Entwicklung zum Wohle der Stadt interessiert sind. Aus unserer Sicht bleibt es vollkommen unverantwortlich Bürgerinnen und Bürger mit falschen Informationen politisch zu instrumentalisieren.

Bei allem Respekt für ihr ehrenamtliches, politischen Engagement, aber die Moralpredigten der letzten Monate werden der großen Bedeutung des Themas nicht gerecht. Oder um es mit den Worten von unserem Beigeordneten Dr. Hans-Heiner Gotzen zu sagen, es war „ein Tiefpunkt des Umgangs miteinander“ – So, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, kommen wir nicht weiter!

Der Rat ist weder der richtige Ort, noch ist es die richtige Zeit für parteipolitische Spielereien. Wir sind nicht im „Parlament“, es gibt hier keine „Regierung“ und keine „Opposition“. Als Ratsmitglieder sind wir alle ein Teil der Stadtverwaltung und sitzen damit im gleichen Boot. Ich hoffe daher auf mehr Verantwortungsbereitschaft und weniger Parteiideologie.

Blick in die Zukunft wagen

Zum Abschluss geht mein herzlicher Dank an unseren Kämmerer Norbert Schmitz und sein Team. Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf bekommen wir erneut keine geschönten Zahlen präsentiert und werden stattdessen deutlich auf die anstehenden Herausforderungen hingewiesen. Umso ernster nehmen wir die Warnungen, dass „die Grenze des Machbaren mit den vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oftmals schon überschritten ist“.

Am Arbeitsmarkt fehlt qualifiziertes Personal und in der Konkurrenzsituation mit größeren Kommunen wird es immer schwieriger qualifizierte Kräfte zu halten. Selbst mit einer Investition von 1,4 Mio. Euro in neues Personal (davon alleine 850.000 Euro im Kita-Bereich), können die anstehenden Aufgaben nur unter großen Anstrengungen geschultert werden. Auch wenn ein Großteil der Mehraufwendungen der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, geschuldet sind, haben wir im Rat die weitere Entwicklung selbst in der Hand – Das geforderte Umdenken fängt also bei uns an!

In diesem Jahr haben wir rekordverdächtige 40 Anträge im Stadtrat besprochen und das ohne die Bezirksausschüsse mitzuzählen. Jeder Antrag bindet Personal und weckt Wünsche die nicht immer erfüllt werden können. Frühzeitige Gespräche mit der Verwaltung sind oft zielführender als künstlich Probleme herbeizureden. Alleine 11 Anträge wurden gleich wieder zurückgezogen, weil die Thematik von der Verwaltung längst erledigt war, der Rat nicht zuständig oder auch einfach ein Antrag mit einer Pressemitteilung verwechselt wurde.

Rat und Verwaltung müssen jetzt gemeinsam neue Wege suchen, wie die vorhandenen Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden können. In den nächsten Jahren wird es primär darum gehen angestoßene Entwicklungen umzusetzen, galoppierenden Ausgaben frühzeitig einzuschränken und vor Allem unangemessene Wunschvorstellungen einzudämmen. Nach wie vor geht es uns in Erkelenz im Vergleich zu vielen Nachbarkommunen ausgesprochen gut, das zeigt auch der Prüfbericht der GPA. Wir diskutieren auf allerhöchstem Niveau. Weder unsere ambitionierten Klimaziele, noch die vielen freiwilligen Maßnahmen im Jugendhilfebereich können im Falle einer Ablehnung des städtischen Haushalts umgesetzt werden.

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Erkelenz wird diesem ausgewogenen Haushaltsentwurf daher zustimmen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, gestärkt aus der Krise hervorzugehen!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.