Forderung bleibt: Dörfer brauchen Abstand – mindestens 1.500 Meter.
MdB Oellers und MdL Schnelle: „Vorschlag von RWE reicht bei Weitem nicht aus.“ Bürgemeisterkandidat Muckel: „Perspektiven für Dörfer schaffen“

Die Dörfer am Tagebaurand – allen voran Kaulhausen und Venrath – pochen weiterhin auf größeren Abstand der künftigen Tagebaugrenze zu den Orten. Unterstützt werden sie dabei vom CDU Bundestagsabgeordneten Wilfried Oellers, dem CDU Landtagsabgeordneten Thomas Schnelle sowie Stephan Muckel, der als Erkelenzer Bürgermeisterkandidat „die Belange und Entwicklung der Randdörfer als eines der ganz großen Themen auf meiner Zukunftsagenda“ sieht. Die CDU-Politiker trafen sich mit einer Riege an lokalen CDU-Ratsvertretern  zum Austausch in der Gaststätte Bruns. Mit dabei waren auch Peter-Josef Gormanns, Sprecher des Dorfforums Venrath-Kaulhausen und Stefan Geilenkirchen, Landwirt aus Kaulhausen, der wie kaum ein anderer durch die Lage seines Hofes von den Tagebauplanungen betroffen ist. Zuvor gab es noch ein gemeinsames Foto am Immissionsschutzwall in Kaulhausen.

Das Treffen war vom CDU Ortsverband Keyenberg-Terheeg-Venrath initiiert worden, um vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens zur neuen Leitentscheidung über die eigene Positionierung zu diskutieren und im Austausch mit den beiden Abgeordneten neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Vorsitzender Ralf Settels brachte die Kernforderung auf den Punkt: „Wer es ernst meint mit einer lebenswerten Zukunft in Venrath, Kaulhausen, Teerheg, Wockerath und den anderen Dörfern, darf unter 1500 Metern nicht verhandeln!“ Schon jetzt seien die Bagger jede Nacht zu hören, „obwohl sie noch weit über 1500 Meter entfernt sind. Wir wollen kein Jahrzehnt mit Lärm und Dreck leben – mit einer Belastung, von der wir heute nicht zu träumen wagen.“ Es könne nicht sein, dass „bei der Gewinnung von sauberer Energie durch Windräder Anwohnern ein Abstand von 1000 Metern zugestanden wird, und für dreckige Energie sollen 300 Meter reichen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“

„Ein Abstand von 1.500 Metern ist unerlässlich“, sagte auch Michael Königs, „ansonsten gibt es nur Staub, Dreck und Lärm, das will keiner! RWE bekommt viel Geld als Entschädigung für den früheren Kohleausstieg, wir Tagebauranddörfer bekommen nichts!“

Thomas Schnelle sagte: „Als Landtagsabgeordneter habe ich immer die damalige Forderung der Betroffenen und der Stadt Erkelenz nach einem Mindestabstand von 500 Metern unterstützt. Jeder weitere Meter Abstand ist ein Gewinn für die Menschen am Tagebaurand, für die Umwelt und für die Landwirtschaft. Der von RWE gemachte Vorschlag zum Abstand ist daher nicht ausreichend, dieser muss bei der Anpassung der Leitentscheidung darüber hinaus noch vergrößert werden.“

Auch Wilfried Oellers setzt sich permanent für die durch den Tagebau betroffenen Menschen seines Wahlkreises ein. „Auf Bundesebene habe ich bereits in den Verhandlungen zum ‚Kohle-Kompromiss‘ mit Unterstützung von MdB Dr. Günter Krings auf die Situation der Tagebauranddörfer hingewiesen und mich für eine Vergrößerung der Abstandsflächen eingesetzt“, erklärte er. „Auch wenn es begrüßenswert ist, dass RWE sich nun bewegt, so ist der Vorschlag bei Weitem nicht ausreichend. Mindestens die Forderung der Stadt Erkelenz von 500 Metern muss umgesetzt werden. Je mehr es wird, umso mehr wird das gesetzte Ziel erreicht werden, die Menschen und die Natur vor den erheblichen Beeinträchtigungen zu schützen.“

Peter-Josef Gormanns, Sprecher des Dorfforums Venrath-Kaulhausen, berichtete von einer Konferenz des NRW-Wirtschaftsministeriums unter Leitung von Dr. Alexandra Renz. Die Vertreter der Tagebauranddörfer („Grubenrandkoalition“) hatten dort Gelegenheit, gemeinsam ihre Forderungen und Argumente zur neuen Leitentscheidung vorzutragen. „Unsere zentralen Forderungen sind der absolut größtmögliche Abstand, möglichst geringer Flächenverbrauch Anpassung der neuen Straßen an den geänderten Tagebauverlauf, Prüfung der Notwendigkeit der A61n in der geplanten Form und die stetige Überprüfung eines früheren Kohleausstiegs.“ Sein Fazit aus der Konferenz sei, „dass man an den maximalen Forderungen festhalten muss, um in den Verhandlungen etwas zu erreichen.“ Nur mit den  Minimalzielen zu argumentieren sei seiner Ansicht nach „deutlich zu wenig“.

Mit in der Runde saßen auch Franz Maibaum, der Erkelenz im Kreistag sowie im Braunkohlenausschss der Bezirksregierung vertritt, und Wilfried Lörkens, Ratsmitglied aus Borschemich. Beide sind von Umsiedlung betroffen und ermutigten die Bewohner am Tagebaurand, weiter für ihre Forderungen einzustehen.

Mit diversen Szenarien und Auswirkungen auf die Verkehrsplanung hatte sich Rainer Merkens auseinandergesetzt. Er warf erneut die Frage auf:  „Ist der Neubau der A 61 später noch notwendig und sinnvoll? Wenige 100 Meter davon entfernt verläuft parallel die A44n. Für einen störungsfreien Verkehrsfluss sind dafür in den Autobahnkreuzen Wanlo und Jackerath entsprechende Ab- und Zuleitungsspuren zu bauen.“ Weiterhin unterstrich er auch die Forderung des Dorfforums: „Die L 354 und in der Verlängerung die L 277 sind so nah wie möglich an die, noch neu zu bestimmende, Abbaugrenze als Tagebaurandstraße zu verlegen. Entlang und zwischen Venrath und Kaulhausen ist die L354 in Tieflage zu bauen. Der Wall muss weg. Es muss über wirkungsvollere Immissionsschutzmaßnahmen nachgedacht werden. Die vom Verursacher nicht notwendigen Mittel zum Neubau der A61 sind den Tagebaurandorten zur Strukturförderung zu geben.“

Stephan Muckel fasste abschließend zusammen: „Wie kaum eine andere Stadt in Deutschland ist Erkelenz von den Auswirkungen des Braunkohletagebaus unmittelbar und nach aktuellen Planungen auch noch bis in die 2030er Jahre betroffen. Wir lehnen den Braunkohletagebau weiterhin ab. In den nächsten Jahren müssen leider noch viele Einwohnerinnen und Einwohner ihre Heimat verlassen. Für sie entstehen neue lebenswerte Orte mit hochwertiger Infrastruktur. All dies kann die verlorene Heimat selbstverständlich nicht ersetzen.

Der vorgeschlagene „300-Meter-Abstand“ ist nicht ausreichend. Der Mindestabstand „500 Meter plus“ ist die bestehende, einstimmige Forderung des Stadtrates von Februar 2019. Das bleibt auch meine Zielvorgabe. Der vergrößerter Abstand ist für die Entwicklung der Dörfer am Tagebaurand immens wichtig, aber auch andere Forderungen wie ein schlüssiges Verkehrskonzept und nach dem Tagebau eine möglichst schnelle Befüllung des Sees sowie intelligente Zwischennutzungen der Böschungen müssen möglich sein. Diese Herausforderungen werden wir zusammen mit den Menschen und den umliegenden Kommunen im Zweckverband Landfolge konsequent angehen.“

Hintergrund

Als Folge der Mitte Januar verkündeten Bund-/Länder-Einigung zum Kohleausstieg wird von der Landesregierung eine vierte Leitentscheidung für das Rheinische Revier erarbeitet. Nach Vorliegen eines Entwurfs sind Beteiligungsverfahren geplant. In der Entwurfsphase wurden seitens des Ministerium Vertreter der Tagebauranddörfer zu  Videokonferenzen eingeladen, um um ein breites Meinungsbild zu erhalten und die unterschiedlichen Aspekte einfließen zu lassen.

Darüber hinaus wurde ein Positionspapier des Dorfforums Venrath-Kaulhausen einer Stellungnahme der Stadt Erkelenz an die Landesregierung beigefügt. Dies erfolgte auf Beschluss des Rates am 13.05.2020.

Die Leitenscheidung ist Basis für das Braunkohlenplanänderungsverfahren Garzweiler II.