Gelingende Integration braucht eine Steuerung und verlässliche Finanzierung. Beides hat der Gipfel nicht gebracht.

Migration ist ein komplexes Thema, das viele politische, soziale und wirtschaftliche Faktoren einschließt und am Ende bei der Umsetzung und Finanzierung vor allem die Kommunen betrifft. Daher war und ist es ein Fehler, keine Vertreter von kommunalen Verbänden in diese Gespräche einzubeziehen. Aber nicht nur aus diesem Grunde war der lange erwartete Flüchtlingsgipfel von Bundeskanzler Scholz eine Enttäuschung, denn die Schaffung einer Arbeitsgruppe lässt erwarten, dass es mit wenig Tempo vorangehen wird, wo doch die Probleme bereits akut sind.

Immer größer wird die Diskrepanz zwischen humanitärer und rechtlicher Pflicht zur Aufnahme von geflüchteten Personen und den realen, tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten der Kommunen diese Aufgabe zu bewältigen. Es mangelt an Unterkünften, freien Plätzen in Kitas und Schulen sowie in Sprach- und Integrationskursen. Dies ist aktuell der Regelfall. Der derzeit weitestgehend unregulierte Zugang von geflüchteten Personen gefährdet ernsthaft den sozialen Frieden und das obgleich es ein Bekenntnis zur Einwanderungsgesellschaft gibt. Die Zahl der Zuwanderung darf die Grenze der Integrationsfähigkeit der Kommunen und unserer Gesellschaft nicht übersteigen. Hier ist die Bundesregierung und der Bundestag gefordert, welche äußerst dringlich neue Regeln für die Einwanderung festlegen und diese auch mit den europäischen Mitgliedsstaaten umsetzen sollten. Zum einen müssen die EU-Außengrenzen effektiver kontrolliert werden, um so illegale Migration zu unterbinden und zum anderen ist es für eine neue Migrationspolitik wichtig, einen Plan zur besseren und gerechteren Verteilung geflüchteter Personen in der EU zu erarbeiten. Hier muss um Solidarität in der EU geworben werden, um die Last innerhalb der EU gerechter zu verteilen.

Jedoch nicht nur die Kommunen kommen an ihre Belastungsgrenzen. In den Jahren seit 2015 ist eine große Anzahl von geflüchteten Personen nach Deutschland gekommen. Die meisten von ihnen flüchteten vor Krieg, Zerstörung und Verfolgung, weshalb absolut richtig war und ist, ihnen hier in unserer Heimat Schutz und Sicherheit zu bieten. Dies hat zweifellos eine enorme zivilgesellschaftliche Leistung erfordert, um diesen Menschen eine Unterkunft, Nahrung, medizinische Versorgung und andere grundlegende Bedürfnisse bereitzustellen. In der Zwischenzeit arbeiten haupt- und ehrenamtliche Menschen an und in vielen Stellen über ihre Belastungsgrenze.

Die Bundesregierung begründet ihr aktuelles Handeln immer wieder mit den rund eine Millionen ukrainischen Kriegsflüchtlingen, welche gar nicht der Kern des Problems für die Kommunen darstellen. Dadurch wird aktuell eine Scheindebatte seitens der Bundesregierung geführt, welche aufzeigt, dass Kommunen nicht ernst genommen werden und das Problem verkannt wird. Es ist wichtig zu beachten, dass es sich bei den ukrainischen Kriegsflüchtlingen um eine spezifische Gruppe von geflüchteten Personen handelt, mit einem uns ähnlichem kulturellen Hintergrund, die aufgrund des Konflikts in der Ukraine in Deutschland Schutz suchen. Um diese geflüchteten Personen, welche einen Sonderstatus besitzen, kümmert sich auch heute noch, wie zu Beginn, mit einer enormen Einsatzbereitschaft unsere Zivilgesellschaft, der an dieser Stelle unser größter Dank und Anerkennung ausgesprochen werden soll. Aber unabhängig davon, woher geflüchtete Personen kommen, haben sie alle ein Recht auf Schutz und Unterstützung, wenn sie vor Krieg, Verfolgung und anderen Bedrohungen fliehen.

Derzeit steigt die Zahl der Asylanträge stark an. Um die Verfahren zu beschleunigen, möchte die Bundesregierung zukünftig einen Teil der zugesagten Summe von einer Mrd. Euro zur Digitalisierung der Verfahren bereitstellen. Die kleineren Städte und Gemeinden haben jedoch neben dem Mangel an Unterkünften das Problem, dass sie nicht ausreichend Personal zur Bearbeitung der Anträge besitzen und zudem auch finden. Dies ist ein kritisches Problem, da die Asylanträge schnell und effizient bearbeitet werden müssen, um den Schutz und die Unterstützung für geflüchtete Personen bereitzustellen. Ohne ausreichend Personal ist die Digitalisierung allein nicht ausreichend, um die Herausforderungen zu bewältigen. Im Übrigen fehlt zudem eine hohe Zahl an Betreuerinnen und Betreuern, welche sich um die geflüchteten Personen in den Unterkünften sorgen. Sie bei der Bearbeitung der digitalen Antragsbearbeitung unterstützt sowie bei der Bewältigung des Alltags in einem fremden Land und die ohnehin schon schwere Integration in eine fremde Kultur. Auch hier leistet die Zivilgesellschaft großes, indem vielerorts Sprachkurse und vieles mehr ehrenamtlich angeboten werden.

Zusätzlich gibt es auch ein Problem mit fehlenden Unterkünften und mangelhaften humanitären Zuständen in Container- bzw. Zeltstädten. Vor allem die Kinder haben hierunter zu leiden, bekommen sie doch nicht nur den familiären Alltag mit, sondern werden zudem noch mit den Sorgen und Ängsten der Eltern belastet sowie den Konflikten anderer geflüchteter Personen innerhalb der Unterkünfte. Dies darf kein dauerhafter Zustand sein. Es ist wichtig, dass geflüchtete Personen dauerhaft in sicheren und angemessenen Unterkünften untergebracht sind, die ihre grundlegenden Bedürfnisse erfüllen und menschenwürdig sind.

Die Stadt Erkelenz gelangt in kürze an die Kapazitätsgrenzen, was die Zahl der Unterkünfte, aber auch die Betreuungs- und Integrationsleistung betrifft. Das diese zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht überschritten ist, ist dem Umstand zu verdanken, dass die alte Schule in Keyenberg zu einer Flüchtlingsunterkunft ertüchtigt werden konnte und RWE einige Häuser ebenfalls zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt hat. Die von Frau Ministerin Faeser für geflüchtete Personen kurzfristig zur Verfügung gestellten 56 Bundesimmobilien helfen der Stadt Erkelenz sowie einer Vielzahl weiterer Kommunen recht wenig, da es dort keine Bundesimmobilien gibt. Es müssen demnach zügig und auch dauerhaft die Aufnahmekapazitäten von Bund und Ländern erhöht werden. Hierzu muss die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben stärker in eine Strategie einbezogen und Anreize für Standortkommunen von Landeseinrichtungen im Flüchtlingsaufnahmegesetz gesteigert werden.

Die fehlende Zusage dauerhafter Zahlungen der Bundesregierung nimmt den Kommunen Planungssicherheit und lässt sie ein Stück weit alleine zurück. In der Vergangenheit gab es ein dynamisches Finanzierungssystem, das sich automatisch an die Asylbewerberzahl anpasst. Bis 2021 hat es ein derartiges System bereits gegeben, in welchem der Bund pro geflüchteter Person eine Pauschale von 670 Euro zahlte. Die Rückkehr zu einem solchen Finanzierungssystem würde Ländern und vor allem Kommunen wieder neue Möglichkeiten eröffnen und den Druck zumindest reduzieren.

Auch die Erleichterung und Verlängerung von Abschiebehaft sowie den erleichterten Zugang für die Polizei in Gemeinschaftsunterkünften hilft den Kommunen wenig. Denn dies bedeutet, dass Ausreisepflichtige bereits in kommunaler Betreuung sind und so Ressourcen binden, die dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies bedeutet, dass nur Asylberechtigte in die Kommunen verteilt und Asylbewerberinnen und -bewerber bis zum positiven Bescheid ihres Asylverfahrens in zentralen Flüchtlingsunterkünften des Bundes, zumindest aber der Länder untergebracht werden sollten.

Völlig vergessen in der aktuellen Diskussion werden die immens steigenden Folgeinvestitionen in Bildungseinrichtungen, denn ab 2026 gibt es eine verpflichtende Ganztagsbetreuung in Deutschland, welche auch für die Kinder der geflüchteten Personen gilt.

Es ist wichtig, dass die Regierung sich dieser Herausforderungen bewusst wird und gemeinsam mit den Ländern und Kommunen sowie der Zivilgesellschaft daran arbeitet, um geflüchteten Personen den Schutz und die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen. Dies erfordert eine umfassende und koordinierte Strategie, die auf einer menschenrechtsbasierten Herangehensweise basiert und sowohl die kurzfristigen als auch die langfristigen Bedürfnisse von geflüchteten Personen berücksichtigt und Kommunen sowie die Zivilgesellschaft nicht überfordert, zu Zeiten, wo es weitere weitreichende Krisen gibt. Es darf demzufolge nicht der Eindruck entstehen, dass mit mehr Geld auch gleichzeitig alle aktuellen und vor allem zukünftigen Aufgaben und Probleme zu lösen sein werden.