Haushaltsrede der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Erkelenz für das Jahr 2023 vom 01.02.2023

(Redekonzept – es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Stephan Muckel,
meine sehr geehrten Damen und Herren aus Bürgerschaft, Verwaltung, Rat
und Presse,

zu guter Letzt darf ich Ihnen die Stellungnahme der CDU-Fraktion zum städtischen
Haushaltsentwurf 2023 vortragen. Beginnen möchte ich dabei mit Eckdaten, die Ihnen
vertraut sind.

Erkelenz ist eine kleine Mittelstadt mit rund 46.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, sie liegt an der Spitze im Westen und im Herzen Europas – so weit, so gut.
Was mich an dieser Stelle aber verwundert, warum in einer kleinen Kommune unserer Größe, momentan die Herausforderungen des Landes bewältigt werden müssen.

Spielball überregionaler Entwicklungen

Natürlich sind von den aktuellen Krisen alle betroffen! Trotzdem bekommt man in den letzten Jahren immer häufiger das Gefühl, dass wir dabei eine Sonderrolle einnehmen. Als „Spielball“ großer politischer Entscheidungen lastet auf uns scheinbar das Wohl der gesamten Republik.

Wir können uns z.B. noch gut daran erinnern, als vor knapp 3 Jahren das Corona-Virus erstmals in Deutschland auftauchte. Es war reiner Zufall, dass dies bei einem Patienten im Erkelenzer Krankenhaus festgestellt worden ist. Trotzdem mussten wir in den ersten Wochen der Pandemie die Konsequenzen tragen und wurden in anderen Regionen wie Aussätzige behandelt. Die finanziellen Auswirkungen sind im Haushalt mit rund 400.000 Euro im außerordentlichen Ergebnis aufgeführt, womit wir uns spätestens in der Haushaltsaufstellung für 2026 beschäftigen müssen.

Oder auch die Flutkatastrophe von 2021, die wir bei allen Krisen nicht vergessen dürfen. Hier wurde Erkelenz Gott sei Dank von Überschwemmungen verschont, aber wir haben viele Freunde und Bekannte, die mit den Folgen zu kämpfen hatten. Zudem machten sich Erkelenzer Bürgerinnen und Bürger auf, um den Menschen im Ahrtal zu helfen.

Dann der Krieg in der Ukraine Anfang 2022, wonach uns eine neue Flüchtlingswelle erreichte, die momentan jegliche Rekorde von 2015 in den Schatten stellt. Im November letzten Jahres waren mehr als 700 Flüchtlinge in Erkelenz, wovon mehr als 400 Personen aus der Ukraine stammen. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei allen Erkelenzerinnen und Erkelenzern bedanken, die noch immer mehr als die Hälfte der ukrainischen Flüchtlinge in privaten Unterkünften aufnehmen. Ohne Sie wären längst auch unsere Sport- und Mehrzweckhallen belegt, die für die ehrenamtliche Vereinsarbeit nach der Corona-Pandemie besonders wichtig sind. Trotzdem steigen die Kosten für Unterbringung, medizinische Versorgung und vieles mehr, bei der Stadt erheblich, was sich momentan bereits mit 1,2 Mio. Euro im außerordentlichen Ergebnis wiederspiegelt. Hinzu kommen enorme Preissteigerungen bei den Energiekosten, die sich um mehr als 800.000 Euro erhöhen.

Und nicht zuletzt das Thema Tagebau Garzweiler, wo der Ukraine-Konflikt die Energiesicherheit des Landes nochmal deutlich verschärft. Hier tragen unsere Bürgerinnen und Bürger bereits seit Jahrzehnten die Last zum Wohle aller. Auf die besondere Lage der Betroffenen wird aber auch in den letzten Wochen weiterhin keine Rücksicht genommen – Das gilt für beide Seiten, Tagebaubetreiber und Klimaaktivisten. Niemanden interessieren persönliche Schicksale, wenn es um die Energiesicherheit oder den Klimaschutz geht – da sind wir auf uns allein gestellt.

Bei aller Freude über den Erhalt der Fläche, könnte die Ausgangslage nicht schwieriger sein. Mitten in einer laufenden Umsiedlung gibt es nun zum dritten Mal andere Rahmenbedingungen – eine unerträgliche Situation für alle Betroffenen. Es ist daher umso wichtiger, dass wir in Erkelenz endlich zur Ruhe kommen. Wir bedanken uns bei allen friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten für die breite Unterstützung, fordern Sie nun aber auf, das Camp in Keyenberg zu räumen. Bitte nehmen Sie dabei auch Einfluss auf jene Chaoten, die die verbliebenen Einwohnerinnen und Einwohnern verängstigt haben – Hier wurden klare Grenzen überschritten. Statt Vandalismus und Exkrementen in den Vorgärten verdienen die Menschen Respekt für ihren Jahrzehntelangen Kampf zum Erhalt ihrer Heimat!

Das gilt selbstverständlich für das gesamte Stadtgebiet, wo unachtsam entsorgter Müll, Hundekot oder die zunehmenden Graffiti an privaten und öffentlichen Gebäuden deutlich zugenommen haben. Selbst die Überdachung der neuen Fahrradabstellanlage vor der Stadthalle wurden nur wenige Tage nach der Errichtung beschädigt. Es sind nur vereinzelte Idioten, aber sie schaden der Gemeinschaft auf Dauer mehr, als die großen Krisen dieser Zeit.

Zukunft selbst in die Hand nehmen

Etwas zur Ruhe kommen, dass sollten an dieser Stelle auch unsere emotionalen Eindrücke, die die letzten Monate bei uns hinterlassen haben – Wenn sich die Aufregung gelegt hat, zeigen die Fakten doch ein deutlich positiveres Bild. Denn unterm Strich haben wir in Erkelenz einen Großteil der Herausforderungen gemeistert und sind auf weitere Auswirkungen gut vorbereitet.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch nochmal herzlich bei unserem Bürgermeister Stephan Muckel, sowie dem gesamten Team der Stadtverwaltung für das vorbildliche Verhalten im Rahmen der Räumung von Lützerath bedanken. Sie haben in schwierigen Zeiten standgehalten und die Beschlüsse des Stadtrates auch gegen die Anweisungen der Bezirksregierung Köln umgesetzt. Ihre Entscheidung, Lützerath nicht von der Stadtverwaltung räumen zu lassen, tragen wir selbstverständlich mit und stehen geschlossen hinter unserem Bürgermeister.

Als CDU sind wir dankbar, dass wir nach langem Hin und Her nun doch noch einen großen Teil unseres Stadtgebietes erhalten können. Es ist daher vollkommen richtig, dass wir in Erkelenz nicht mehr auf die neue Leitentscheidung warten, sondern uns selbstbestimmt Gedanken über die weitere Entwicklung unserer Stadt machen – das wäre auch im Sinne unseres Ehrenbürgermeisters. Peter Jansen war es immer wichtig die Zukunft selbst „anzupacken“, bevor Andere über uns hinweg entscheiden – Spielräume schaffen, Schulden abbauen und gleichzeitig wichtige Investitionen in Bereiche tätigen, die Erkelenz perspektivisch voranbringen – das schaffen wir auch mit dem Haushalt für 2023 in allen Bereichen!

  • Wir bleiben eine Familien- und Schulstadt

    Mit 31 Mio. Euro fließt weiterhin ein Großteil unseres Haushaltes in Kindergärten, Schulen, sowie die Hilfe für junge Menschen und Familien – Dabei werden wir alleine 16 Mio. Euro aus eigenen Mitteln stemmen müssen. Doch die Investitionen zahlen sich aus, im Gegenteil zu anderen Kommunen können wir alle Wünsche nach Kindergartenplätzen erfüllen, haben gut sanierte Schulgebäude und sorgen für den wichtigen Zugang zu digitalen Medien. Darüber hinaus erhalten wir bewährte Freizeitangebote, wie z.B. die Skateanlage oder unsere vielfältigen Spielplätze. Erkelenz ist weit über die Stadtgrenzen bekannt gute Rahmenbedingungen für junge Familien anzubieten – dieser Standard ist alles andere als selbstverständlich!

  • Wir bleiben eine Vereinsstadt

    Auch in den Erhalt unserer Sportplätze, Turn- und Mehrzweckhallen investieren wir mehr als 500.000 Euro in die Unterhaltung, sowie die Umrüstung auf LED-Beleuchtungen. Zudem werden die Energiekosten 4 in den Planungen um 150 % angehoben, damit wir auf die kommenden Preissteigerungen vorbereitet sind. Darüber hinaus stellen wir im Haushalt rund 3,4 Mio. Euro für Investitionen zur Verfügung. Das Angebot reicht von neuen Bewässerungsanlagen, Flutlicht und Gerätebeschaffungen, bis zum Neubau der Mehrzweckhalle in Keyenberg (neu), dem Umbau des Dorfzentrums „Alte Schule“ in Holzweiler, oder der Errichtung eines Abstellraums für die Mehrzweckhalle in Hetzerath. Zudem sind die beiden Schwimmbäder in Gerderath und Erkelenz wichtige Grundlagen für den Schul- und Vereinssport, alleine der Unterhalt kostet uns knapp 130.000 Euro in diesem Jahr. Auch hier bleibt die Nutzung der Angebote für Erkelenzer Vereine kostenfrei, um das vielfältige Ehrenamt zu unterstützen – ebenfalls keine Selbstverständlichkeit!

  • Wir bleiben eine klimafreundliche Stadt

Neben der kontinuierlichen, energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude, sowie der Umrüstung städtischer Fahrzeuge auf Elektroantrieb, fließen 2023 weitere 240.000 Euro in den Klimaschutz. Alleine unser Förderprogramm „Klimaschutz und Klimaanpassung“ wird davon 90.000 Euro ausmachen. Die Photovoltaik Anlage des Bauhofes wird erweitert und auf der Abwasserreinigungsanlage soll für rund 800.000 Euro ein großes Solarfaltdach entstehen. Durch den sog. „Klima-Check“ werden wir zudem alle politischen Beschlussvorlagen, auf ihre Klimaschutzrelevanz überprüfen. Als eine der wenigen Kommunen in unserer Region sind wir stolzer Träger des European Energy Award (EEA), hier laufen bereits alle Vorbereitungen um auch 2024 die erneute Zertifizierung zu erhalten – diese hohen Standards sind abermals keine Selbstverständlichkeit!

  • Wir bleiben eine lebenswerte Stadt

    Damit Erkelenz eine attraktive und lebenswerte Stadt bleibt, investieren wir auch in diesem Jahr nochmal eine Rekordsumme von geplant 39,1 Mio. Euro, die in 370 Einzelmaßnahmen im gesamten Stadtgebiet fließen. Bei diesen Summen gibt es natürlich auch Bürgerinnen und Bürger die sich fragen, ob es der richtige Weg ist, in diesen Zeiten so große Investitionen zu tätigen – wir sagen Ihnen, gerade jetzt ist es wichtig Kurs zu halten und den begonnenen Weg fortzusetzen, denn wir haben uns diese Spielräume mühsam erarbeitet, um unsere Zukunft selbstbestimmt gestalten zu können.

In vielen Bereichen sind wir damit sogar unserer Zeit voraus. Die IHK Aachen hat erst im Januar ein Positionspapier der Wirtschaft über „Impulse für attraktive Innenstädte“ veröffentlicht, darin sind dutzende Maßnahmen beschrieben, die wir mit dem integrierten Handlungskonzept Erkelenz 2030 bereits umsetzten. Wir investieren nicht willkürlich, sondern nach einem klaren Konzept, das wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet haben. Der Franziskanerplatz wird bereits im Sommer diesen Jahres fertig und der Umbau des Grünrings an der Westpromenade hat begonnen. Auch beim Parkdeck an der Ostpromenade liegen wir mit dem Abriss im vereinbarten Zeitraum, um eine neue, großzügige Mobilitätsstation zu errichten, die verschiede Verkehrsformen vom Auto-, Bus- bis zum Radverkehr verbindet. Zudem haben wir mit dem Verkehrs- und Radkonzept wichtige Grundlagen für eine klare, ganzheitliche Erreichbarkeit der Innenstadt gelegt, wo auch Mobilitätsformen der Zukunft mitgedacht werden. Natürlich sind die begonnenen Baumaßnahmen eine vorübergehende Belastung, aber wir haben die einmalige Chance und die Mittel, aus schwierigen Zeiten gestärkt hervorzugehen!

Wir bleiben eine wirtschaftsstarke Stadt

Alle Rekordinvestitionen können wir aus eigener Kraft stemmen! Das heißt, wir schaffen es auch weiterhin bei einer niedrigen Verschuldung, sowie niedrigen Steuern und Gebühren alle Aufgaben zu erfüllen – darauf können wir stolz sein, denn wir haben gut vorgearbeitet! Alleine durch den Abbau von 90 % unserer Schulden in den letzten 15 Jahren können wir jedes Jahr ca. 1 Mio. Euro Zinslasten einsparen. Und selbst, wenn wir in diesem Jahr an der Ausgleichsrücklage knabbern, bleibt sie mit mehr als 30 Mio. Euro deutlich stabil. Wichtiger ist noch, dass wir seit 2008 keine Liquiditätskredite mehr aufnehmen mussten und auch mittelfristig nicht damit gerechnet wird – so können wir weiterhin hohe Leistungsstandards bei geringen Abgaben beibehalten.

Inflation, Energie- und Personalkosten

Auch wenn es nur eine Momentaufnahme ist, sind wir also gut gerüstet, um auf die absehbar schwieriger werdenden Zeiten reagieren zu können. Es zeichnet uns in Erkelenz aus, dass wir vorausschauend planen. Daher begrüßen wir es ausdrücklich, dass wir noch in diesem Jahr fraktionsübergreifend über mögliche Maßnahmen und Handlungsoptionen sprechen, um bei negativen Entwicklungen frühzeitig eingreifen zu können. Die Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommenssteuer haben sich nach der Corona-Pandemie zum Glück stabilisiert und fallen mit 47 Mio. Euro deutlich positiver aus als im Vorjahr 6 . Hier werden sich in den nächsten Jahren sicherlich noch die Auswirkungen der Inflation und steigende Energiekosten bemerkbar machen.

Was uns darüber hinaus noch mehr beschäftigt, ist die personelle Situation der Verwaltung. Einerseits steigen die Kosten erneut um 2,1 Mio. Euro (ohne Rückstellungen) aufgrund von Tariferhöhungen und 21 neuer Stellen, andererseits sind aktuell ca. 100 Stellen unbesetzt. Am Arbeitsmarkt fehlt qualifiziertes Personal und in der Konkurrenzsituation mit größeren Kommunen wird es immer schwieriger qualifizierte Kräfte zu halten. Auch wenn ein Großteil der Mehraufwendungen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, geschuldet ist, muss ein Umdenken stattfinden.

Ich bin jeden Tag dankbar in unserer Demokratie zu leben. Aber Freiheit bedeutet auch Verantwortung – der Staat darf und kann für uns nicht alles übernehmen. Von der Verwaltung werden immer mehr Leistungen verlangt, obwohl notwendiges Personal nicht verfügbar ist und die Kosten explodieren. Da fällt mir direkt das berühmte Zitat von John F. Kennedy ein „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun, könnt“, ein Leitspruch, dem sich viele Ehrenamtler seit jeher verpflichtet fühlen. Umso wichtiger wird es für uns sein, nicht nur auf Digitalisierung, sondern auch stärker auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger zu setzen, wenn man liebgewonnene Leistungen dauerhaft behalten möchte.

Erkelenz ist eine kleine Mittelstadt mit rund 46.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, sie liegt an der Spitze im Westen und im Herzen Europas – das kennen Sie bereits. Neu ist vielleicht die Erkenntnis, dass die großen Herausforderungen unserer Zeit nur den Rahmen bilden, indem wir unsere Chancen ergreifen können. Hier kann jede und jeder Einzelne von uns einen kleinen Teil dazu beitragen, dass unsere Heimat so schön bleibt wie sie ist oder im Optimalfall vielleicht sogar noch etwas besser wird.

In diesem Sinne bedanke ich mich herzlich bei unserem Kämmerer Norbert Schmitz und sein Team, sowie der gesamten Verwaltung, die uns in schwierigen Zeiten einen ausgewogenen Haushaltsentwurf vorgelegt haben. Wir sind uns unserer Verantwortung und der Bedeutung der vielen freiwilligen Leistungen bewusst, die dieser Entwurf enthält.

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Erkelenz wird dem Haushaltsentwurf 2023 daher
zustimmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

CDU Fraktionsvorsitzender Marwin Altmann